Die Kunst des Game-Design

Verstehen macht Spaß!

Die Kunst des Game-Design

Das Buch „Die Kunst des Game-Design“ von Jesse Schell in der 2. Auflage fiel mir aufgrund meiner Recherche zu Facharbeitsthemen in die Hände. Meine Facharbeitsthemen, die ich den Schülerinnen und Schülern vorschlage, sind oft keine reinen informatischen Themen, sondern haben immer auch Bezüge zu anderen Fachwissenschaften. Das Thema Game-Design hat dabei wohl – intuitiv gesehen – Bezüge zu Kunst und Sozialwissenschaften, wobei der informatische Anteil ebenso abgebildet werden kann. Eine Facharbeit zu dem Thema würde also ein kleines Spiel als App oder Desktopanwendung umfassen, welches aufgrund von bestimmten Design-Aspekten gestaltet wurde.

Dazu finden sich in dem Buch jede Menge Beispiele und Handlungsanweisungen zu den verschiedenen Bereichen des Game-Design und der Softwareentwicklung im Allgemeinen.

Beim Lesen des Buches wurde mir allerdings sehr schnell klar, dass der Inhalt mehr ist, als eine Beschreibung zur Entwicklung eines gutes Spiels.

Game Design, was ist das?

Game Design befasst sich mit der Nutzersicht auf ein Spiel und seine Elemente und Verläufe und zwar bevor das Spiel erstellt wird. Somit sind Grundlagen aus Psychologie, Sozialwissenschaften, Pädagogik, Politik und anderen Feldern unerlässlich. Je nachdem, welche Vorraussetzungen und Ziele ein Spiel verfolgt, muss der Game-Designer aus den grundlegenden Bereichen die Dinge auswählen die zielführend sind und sich im Rahmen der Vorgaben im Spiel abbilden lassen. Darüber hinaus müssen diese Elemente so miteinander kombiniert werden, dass das Spiel auch gerne von der Zielgruppe gekauft und gespielt wird. Ihr Job hängt davon ab!

Im Game-Design kann man dabei zwischen mehreren Mechaniken unterscheiden, die eingesetzt werden können. Beispielsweise müssen der Spielraum oder die Spielregeln festgelegt werden. Darüber hinaus müssen alle eingesetzten Mechaniken in einer bestimmten Balance vorhanden sein. Kann man bei einem Spiel überwiegend durch Glück die nächsten Level erreichen, hat der Spieler oder die Spielerinn bald keine Lust mehr auf das Spiel, da die Anforderungen an Können zu gering sind. Auf der anderen Seite sollte aber auch das eingeforderte Können nicht zu hoch sein, da Einsteiger sonst ebenfalls schnell die Lust verlieren. Weitere Beispiele sind im Buch auf 667 Seiten kommentiert.

Als Lehrer fallen beim Lesen allerdings immer wieder Dinge auf, die auch auf den Unterricht übertragbar sind. Führt man sich nun vor Augen, dass der Unterricht, genau so wie ein Spiel, von Perosnen Aufmerksamkeit, Weiterentwicklung, Motivation, Problemlösen und andere Elemente verlangt kommt man schnell zu der Erkenntnis, dass Spiele dem Unterricht irgendetwas voraus haben müssen, da im Normalfall nicht alle Schülerinnen und Schüler mit dem Unterricht und seinen Inhalten etwas anfangen können.

Was unterscheidet ein Spiel vom Unterricht?

Um diese Frage zu beantworten müssen zunächst einfache Definitionen von Spiel und Unterricht her. Ich reduziere beide mal auf die folgenden Aussagen:

Unterricht ist „im allgemeinen Sinn […] ein Vorgang zur Aneignung von Fertigkeiten und Wissen.“ (Wikipedia)

Spielen ist durch Neugier motivierte Manipulation. (S. 79)

Zunächst einmal erscheinen diese beiden Definition nicht viel miteinander zu tun zu haben. Schaut man jedoch genauer hin, so stellt man fest, dass man durch die von Neugier motivierte Manipulation Erkenntnisse über seine Umwelt gewinnt. Vor allem bei Kleinkindern ist dies zu beobachten, da sie durch das Spielen beispielsweise ihre physikalische interne Welt aufbauen. Somit ist es eine Aneignung von Fertigkeiten oder Wissen, also Unterricht.

Die Verknüpfung scheint nicht stark zu sein, doch dies liegt wohl nur an der Beziehungsebene, die man bei beiden Definitionen ausgeblendet hat. Beim Spielen kann es sowohl einen Selbstbezug, also auch eine Beziehung zu anderen Spielern geben. Beim Unterricht ist dies ebenfalls zu beobachten.

Spielen und Unterricht sind aber nicht das Selbe! Es gibt nämlich einen großen Unterschied, der anscheinend für die unterschiedlichen Beobachtungen verantwortlich ist. Unterricht ist Pflicht, Spielen nicht! Und nun? Kann man etwas dagegen machen?

Das System zu ändern steht zunächst einmal nicht zu Debatte, aber vielleicht kann man ja Spielelemente in den Unterricht einbauen, so dass man positive Effekte des Spielens für seinen Unterricht nutzen kann. Und hier kommt das Buch „Die Kunst des Game-Design“ von Jesse Schell in der 2. Auflage wieder ins Spiel, denn wer wenn nicht ein Game-Designer weiß, welche Elemente in einem Spiel in welcher Balance zu einem erfolgreichen Spiel führen? Diese Menschen müssen schließlich gute Arbeit abliefern, damit die Menschen ihre Spiele kaufen und spielen.

Vom Game-Design zum Unterricht!

Viele Dinge die in dem Buch stehen kennt man aus pädagogischen und psychologischen Seminaren, aus der eigenen Erfahrung als Lehrperson im Klassenraum oder aber auch aus der eigenen Schulzeit. Jesse Schell setzt diese Dinge allerdings mit Hilfe von einfachen Beispielen in neue Zusammenhänge. Ein paar Beispiele:

Spaß: Spaß zu erzeugen ist in nahezu jedem Spiel erstrebenswert – selbst wenn er mitunter die Aufmerksamkeit behindert.

Auch hier kann man als Lehrperson schnell Erfahrungen anbringen, bei denen diese Aussage stimmt. Schell stellt dazu zwei Fragen, die man sich stellen sollte:

  • Welche Bereiche meines Spiels machen Spaß? Warum?
  • Welche Bereiche sollten mehr Spaß machen?

Ort: Der Ort, an dem eine Szene spielt ist relevant für ein Spiel, da die Menschen gewohnt sind, bestimmte Gefühle, Aufmerksamkeits- und Aktivitätszustände damit zu verbinden.

  • Arbeitszimmer: hohe Konzentration, aber alleine
  • Feuerstelle: gesellig und viel Kommunikation
  • Theater: Zauberhaft, Freude an Interaktivität (nimmt mit der Anzahl der Zuhörer ab)
  • Arena: Gewinner/Verlierer, öffentlicher Raum
  • Museum: Pause, betrachten, verschiedene Perspektiven

Überträgt man dies auf seinen Unterricht, so kann man auf den ersten Blick nicht viele verschiedene Ort angeben, die in einem Klassenraum möglich sind. Und doch kennt man die Methode Museumsgang, den FishBowl oder das Kahoot. Alle Methoden bauen einen bestimmten Ort in ansonsten tristen Klassenraum auf, der ein bestimmtes Ziel verfolgt.

Die Fragen die Schell für die Lupe Ort stellt sind die folgenden:

  • Was für ein Ort passt am besten zu dem Spiel, das ich entwickeln versuche?
  • Besitzt der Ort besondere Eigenschaften, die sich auf mein Spiel auswirken?
  • Welche Elemente meines Spiels harmonieren mit dem Ort? Welche nicht?

Lupen zur Unterrichtsentwicklung!

Schell beschreibt diese und 110 weitere Dinge, die für das Game-Design und damit, meiner Meinung nach, auch für die Unterrichtsplanung relevant sind in sogenannten Lupen. Hier werden entsprechende Fragen zum Design und dessen Umsetzung gestellt. Es werden keine direkten Antworten gegeben, aber für die Konzeption oder die Überprüfung eines Unterrichtsentwurfes sind diese Lupen gut anwendbar.

Mal wieder was aus der Informatik, was Pädagogisch angestrichen wird?

Ich meine nein! Die vom Autor beschriebenen Elemente sind größtenteils auch in der Pädagogik anerkannt, nur werden sie hier anders Aufbereitet präsentiert und kommen mit einer Leichtigkeit daher, die es angenehm macht die Kapitel zu lesen. Darüber hinaus sind die Lupen für sich genommen ein guter Ratgeber, wenn man an der ein oder anderen Stelle in seinem Unterricht mit der Planung hadert, oder nicht weiß wie man ein bestimmtes Ziel erreichen kann. Besitzt man einen gewisses Methodenrepertoire wird es einem leicht fallen die Lupen auf Unterricht zu beziehen.

Fazit

Lesenswert für alle Lehrerinnen und Lehrer, ungeachtet ihrer Fächer!

Eine Leseprobe gibt es unter folgendem Link:

https://www.mitp.de/out/media/9783958452824_Leseprobe.pdf

 

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